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Über das Reichtum der Gesellschaft Teil 1, Robert Owen besucht die Philosophen Villa

Es läutet. Robert steht vor der großen, dicken Eichentür.

Und die erste herzliche Begrüßung erfolgte netterweise schon von Elefanten Dame Elsa. Sie ist gerade damit beschäftigt im Vorgarten, ihr Lager für den Abend vorzubereiten. Das ist dann schon eine ganze Menge Heu, das dann bewegt wird. Elsa liebt den Geruch von Heu!

Das große Lachen. Ja, Robert wollte mir es nicht glauben, dass unsere gemütliche Philosophen Wohnen Gemeinschaft einen echten, lebendigen Elefanten im Vorgarten haben kann. Bei unserem Telefonat vor einer Woche hat er mich noch für etwas seltsam gehalten. Mehrfach nachgefragt. Wahrscheinlich auch in sich hinein gegrinst. Und nun hat er es mit den eigenen Augen sehen dürfen. Und gerochen hat er es bestimmt auch!

Aristoteles hatte es angeregt, dass ich mich mit Robert mal persönlich unterhalten sollte. Und so habe ich zum Telefon gegriffen. Das Alte. Mit der doch recht schwerfälligen Drehscheibe. Und dem großen schwarzen Hörer. Ich erinnere mich noch, dass es draußen so stark regnete und es für mich schwierig war, all das zu verstehen, was mir Robert in der kurze Zeit sagen wollte. Das mit Elsa, allerdings war klar. Und doch ein Satz ist bei mir im Gedächtnis im wahrsten Sinne des Wortes hängen geblieben.

„Die heranwachsende Generation zu trainieren und zu bilden wird zu aller Zeit das Wichtigste für die Gesellschaft sein, dem sich alles andere unterordnen muss.“
— Robert Owen

Und schon erkannte ich, dass mein lieber Aristoteles mir den Kontakt zu einem neuen Mentor ermöglichen möchte. Ja, und ich war nicht abgeneigt. So habe ich Robert eingeladen, uns hier in der Villa zu besuchen.

Und nun steht er vor mir!

Robert wirkt auf den ersten Blick wie ein Gelehrter des 19. Jahrhunderts. Seine persönlichen Höhen und Tiefen sind versteckt in dieser so typischen den Hals verdeckenden Kragen Manschette. Natürlich habe ich mich über ihn im Vorfeld informiert. Und bin nun ganz angetan, welches Buffet an Wissen er mir bereiten wird.

Wir gehen in den Salon. Lassen uns in die Sessel fallen. Und ja, wir machen uns es so richtig gemütlich. Die Zigarren sind angezündet. Und so langsam bildet sich dieser so typische Geruch und das Ambiente eines guten Starts in den doch noch frühen Abend.

Im Rahmen dieser Leichtigkeit des Seins sprechen wir über die dem Menschen so als wichtig empfundenen Merkmale

  • Reichtum
  • Gesundheit
  • Bequemlichkeit
  • Glück

Und kommen zu dem Schluss, dass jeder in sich die Kraft beheimatet, diese Merkmale in sein Leben zu rufen. Der Mensch ist in der Lage in seinem Inneren die Vorstellungskräfte zu aktivieren. Und bei genauem Hinschauen wird der Mensch in sich

  • Gold
  • Silber
  • Edelsteine

und noch viel mehr entdecken. Robert hat in diesem Zusammenhang den Begriff Geistiges Erz gebildet. Er ist sehr enttäuscht, dass die Gesellschaft und selbst der Gesetzgeber die bestehenden und sich schrittweise weiter zu entwickelnden Fähigkeiten seiner Bevölkerung nicht erkennt. Und vor allem nicht gezielt für sich und die Gesellschaft nutzt.

Bei unserem Gespräch in trauter Zweisamkeit ist uns gar nicht aufgefallen, dass Aristoteles sich zu uns gesellt hat. Er lehnt am Türrahmen des Salons und hat uns anscheinend schon eine Weile beobachtet.

“Überhaupt aber besteht das Reich sein mehr im Gebrauchen, als im Besitzen.“
— Aristoteles

In mir kommt ein mulmiges Gefühl hoch. Zweifel. Ja es sind Gefühle, die in die Richtung des Selbst Zweifelns gehen: Kann es sein, dass ich zu wenig in mir nach meinen wirklichen Fähigkeiten gesucht habe? Oder ist es eher so, dass ich selbst meine empfundenen Fähigkeiten zu wenig angewendet habe? Und somit zu wenig in der Gesellschaft beigetragen habe!

“Wer Recht erkennen will, muss zuvor in richtiger Weise gezweifelt haben.”
– Aristoteles

Aristoteles scheint meine Gedanken gelesen zu haben. Und macht mir Mut, dass jeder Zweifel etwas Gutes in sich trägt. Tragen, alleine diese soeben in mir gewählte Wortwahl führt mich gedanklich zur Trägheit. Und das spreche ich nun gezielt in der nun Dreier Runde an.

Robert steht auf und stellt sich hinter den Sessel. Er stützt sich mit den Armen am Rand des Sessels ab. Und schaut nun nicht mehr in die Runde, sondern fokussiert sich ganz auf mich.

Und erklärt: Der Mensch ändert sich erst, wenn Neuerungen ihn dazu zwingen. Der Mensch scheut von Natur aus sich zu ändern. Auch wenn der Nutzen klar erkennbar ist, muss bei vielen Dingen in der Gesellschaft die Notwendigkeit von Änderungen kommuniziert werden.

Stille im Salon.

Robert setzt sich wieder gemütlich in seinen Sessel. Er zieht genüsslich an seiner Zigarre. Und erzeugt einen Rauchschwaden Ring in der Luft. Es werden weitere Ringe. Der Salon füllt sich mit Rauch. Ein angenehmer Tabak Geruch benebelt unsere Sinne.

Nach gefühlten 10 Minuten kommt mir in den Sinn, dass eine gewisse Balance in der Gesellschaft geschaffen werden muss. Den Zwang aufbauen, als Mensch in der Gesellschaft etwas beizutragen. Und dafür Sorge zu tragen, dass die Fähigkeiten jedes einzelnen Menschen auch wirklich genutzt werden. Quasi, dass die Leistung jedes Einzelnen in der Gesellschaft ankommen kann. Um so sicherzustellen, dass die gesamte Bevölkerung an den Vorteilen jedes Einzelnen teilhaben kann.

Dieses von Robert auch als Reichtum der Gesellschaft bezeichnete System wird umso spannender, wenn Maschinen vorhanden sind, die die Produktivkraft der Menschen erhöhen. Zu seiner Zeit ging es vornehmlich um die künstliche Unterstützung im Bereich der menschlichen Körperkraft. Und die von Robert als weiteren Schritt genannte propagierte Erhöhung der wissenschaftlichen Produktivkraft ist immer noch in vollem Gange.

Im Sessel mir gegenüber ist es ruhig geworden.

Immer noch ist Robert in sich gesunken. Und benebelt mit neuen nun wohl geformten Rauch Ringen die Luft im Salon. Er ist anscheinend zufrieden mit dem Verlauf des Gesprächs. Und genießt, dass sein Erbe immer noch in den Menschen zu wirken scheint.

“Alle gute Literatur hat einen Anfang, einen Mittelteil und einen Schluss.”
– Aristoteles

Am Türrahmen lehnend, mit gewohnter Lässigkeit, gibt sich Aristoteles selbst sicher, dass mindestens noch eine Pointe zum Thema Reichtum ausgesprochen wird. Schließlich kennt er ja die Schriften von Robert. Und mit dem schelmischen Lächeln zeigt Aristoteles uns, dass er schon ahnt was kommen wird.

Und Robert lächelt nun auch.

Es ist ein anderes Lächeln. Nicht schelmisch. Sondern eher freundlich, nach außen gerichtet. Und doch im Inneren stark verankert. Das Bewusstsein bestärkend. Die Steigerung des Wohlempfinden im Körper, die Ausschüttung der Endorphine im Gehirn spürbar.

Ohne den Mund mit Wörtern zu füllen, trägt Robert sinngemäß schon alleine nur mit seiner Mimik etwas zur Unterhaltung bei: Ja, über den Reichtum der Gesellschaft müssen wir dringend im Kontext der heutigen so schnelllebigen Zeit sprechen. Und ob es dazu wirklich einen Schluss gibt. Er ist da selbst noch im Unklaren.

Version 1.01 vom 30.04.2020