Aktives Zuhören… ein einfaches Konzept. Und doch für viele Menschen so schwierig. Der Mensch will eingreifen, will etwas sagen. Dazu gehören. Etwas beitragen. Gemeinsam. Oder einfach nur sich in einer Gruppe noch besser positionieren. Doch manchmal ist es hilfreich einfach mal den Mund zu halten. In sich hinein horchen. Und dann abzuwägen. Soll ich es wirklich tun: Etwas beitragen.
Denn wer etwas beitragen möchte, sollte meines Erachtens sein Gesprochenes zu aller erst durch die 3 Siebe des griechischen Philosoph Sokrates laufen lassen. Das erste Sieb ist die Wahrheit: Ist das was Du erzählen willst, wahr? Das zweite Sieb ist die Güte: Ist das was Du erzählen willst, gut? Das Sieb ist die Nützlichkeit: Ist das, was du mir erzählen willst, von allgemeinem Nutzen? Nachzulesen auf dem Spiritual Wiki
Erst wenn alle 3 Siebe positiv beantwortet werden, solltest Du Deinen Mund öffnen und etwas beitragen. Hat es das dann auch wirklich mit dem Zuhören zu tun? Ja, hat es. Denn die Unterscheidung schon die Vorsilbe “Zu” hat ja eine Bedeutung.
Bedingungslose positive Zuwendung: Die seelische Hilfe gelingt dann am ehesten, wenn der Helfer diese Haltung bringt. – Carl Rogers
Bei dem alleinige Hören, dem einfach nicht mit Tiefe bedachtem Nutzen des Ohres, kann in uns nicht entstehen. Das Hinhören hat da schon einen gewissen Kontext. Ich konzentriere mich auf etwas. Der Kontext ist da. In der heutigen Zeit sind ja Hörbücher sehr beliebt: Das ist Hinhören! Das Zuhören ist dann als nächste Stufe zu betrachten. Mit der Vorsilbe “Zu” verbinde ich den Carl Rogers genannten Begriff der “Zuwendung”. Es ist sehr viel mehr als ein “Hin” vom Hinhören. Ich wende mich eine Thema zu. Das ist dann auch gleich der Drang daran teilzuhaben: Mitmachen! Tun!
Das WIBR Modell von Lyman K. Steil beschreibt diesen Prozess des Zuhörens ganz prima. Zuerst wahrnehmen (W), dann interpretieren (I) und danach beginnt die Bewertung (B) des über die verschiedenen Sinne erfahrenen Sachverhaltes. Oha, nicht nur mit dem Ohr hören, sondern alle 5 Sinne
- Sehen
- Hören
- Fühlen
- Schmecken
- Riechen
und dann noch vielleicht den 6. Sinn – die Intuition, der Wahrnehmung des Unsichtbaren – noch dazu nehmen. Doch dabei bleibt es nicht. Es wird eine Reaktion (R) erfolgen. Auch eine Nicht-Reaktion kann dann als Reaktion gewertet werden.
Man kann nicht nicht kommunizieren. – Paul Watzlawick
Den Prozess des Zuhörens in seiner Gesamtheit zu erfassen mag hier vielleicht etwas sehr kurz betrachtet zu sein, doch Lyman K. Steil hat sich auch dazu Gedanken gemacht, warum das so sein könnte. Ein Faktor ist unser immer weiteres – nicht unbedingt hilfreiches – Fortschreiten zum Thema Effizienz. Hier eine Artikel auf der Jobware Homepage: Warum uns das Zuhören so schwer fällt
Aktives Zuhören
Nun gehen wir gemeinsam einen Schritt weiter. Wir setzen noch ein “Aktiv” vor den “Zuhören” Begriff. Dahinter verbirgt sich die Annahme, dass wir auch in das Gespräch eingreifen wollen: Einen Beitrag leisten. Etwas Positives beitragen möchten.
Und da hat uns Carl Rogers drei – wie er es nennt – Axiome hinterlassen. Dazu gehört Deine empathische sowie offene Grundhaltung. Zweitens sollte Dein Auftreten authentisch und kongruent (=in allen Punkten übereinstimmend) sein. Und zusätzlich ist es dringend erforderlich, dass Du die andere(n) Person(en) jederzeit positiv betrachtest und akzeptierst.
Die Erfahrung hat gezeigt, dass sich ein Grundgefühl in den ersten Stunden – oft schon in den ersten Minuten – jedes Zusammentreffens entwickelt, das dann die Form der ganzen Zusammenkunft prägt. – Carl Rogers
Die drei Axiome des Carl Rogers werden sicherlich noch weitere Artikel meines persönlichen Werdegangs als Unternehmer füllen. Natürlich fasziniert mich der Begriff kongruent besonders. Bekannt aus der Mathematik wird es nun in den Umgang mit Menschen übernommen. Das empfinde ich als besonders spannend.
Evolution zum Unternehmer
Auf dem Weg zum Kunden in der letzten Woche hatte ich in der Bahn meine Coaching Unterlagen dabei. Und schon in Lektion 1 ging es um die gezielte Anwendung des Aktiven Zuhörens. So bin ich dann um circa 08:45 in die Besprechung beim Kunden gegangen.
Was ich dann empfand, hat mich doch sehr fasziniert. Mit den Ideen des Aktiven Zuhörens konnte ich ungewohnt ergiebig das Gespräch mitgestalten. Von einem reinen Software Dienstleister, der das und jenes zu tun hat, wandelte ich mich zu einem mitten im Geschehen agierenden Berater.
Die vier von Lyman K. Steil beschriebenen Schritte konnte ich gezielt anwenden. Das Interpretieren des Gehörten folgte direkt nach dem Wahrnehmen. Die folgende Bewertung der Aussage hat auch das Gespräch in eine nicht zu hohe Geschwindigkeit driften lassen. Und meine Reaktion wurde meist nickend und mit anderen positiven Merkmalen vom Kunden direkt gewürdigt.
Eine ganz spezielle Würdigung möchte ich Dir hier noch nennen. Wenn Dein Kunde oder auch Du als eine mögliche Reaktion das Aufschreiben des Gehörten wählst, schwebt eine Art von Wertschätzung in der Luft. Das vom Gegenüber soeben Gehörte ist würdig, auf Papier geschrieben zu werden: eine Wertschätzung!
Auch wenn Du mit einem LapTop beim Kunden die Punkte aufschreibst, wirst Du diese Würdigung und somit auch die Wertschätzung erfahren. Das habe ich selbst vor bald 10 Jahren erfahren dürfen: Und zwar als ich vor versammelter Mannschaft des mittleren Management eines großen Unternehmens die genannten Fehler in einer einfachen Microsoft Excel Tabelle eingetragen habe. Alle waren zufrieden. Und das obwohl, es sich inhaltlich eher um Ärgernisse handelte!
Das Resultat meines empathischen Umgang mit Kunden ist meist äußerst positiv. Und das war es auch in der letzten Woche. Pausen in der Kommunikation können immer wieder für kurze empathische “Hm und was nun?” Phrasen genutzt werden. Aber nicht nur. Hier muss ich – und auch Du – das richtige Maß wählen.
Auch in der internen Kommunikation mit Dir selbst, kannst Du das weiter oben Geschriebene nutzen. Das mache ich auch! Du hast ja schon weiter oben gelesen: Du kannst nicht nicht kommunizieren. Auch jede vor Dir initiierte Nicht-Reaktion wird von Deiner Umwelt in irgendeiner Art und Weise registriert. Und bei Kunden Gesprächen ist das nicht unbedingt optimal für Deinen Geldbeutel!
Doch nun zurück zu Deiner internen Kommunikation. Nehmen wir als Beispiel die 3 Siebe des griechischen Philosophs Sokrates. Du erinnerst Dich: In Deiner Reaktion / Deiner Antwort sollten immer die mit “Ja” beantworteten Aspekte
- Wahrheit
- Güte
- Nützlichkeit
enthalten sein. Benutze diese 3 Aspekte auch direkt für Dich: Nutze Aktives Zuhören gezielt. Du bist es Dir wert! Immer! Jederzeit!
Version 01, 10.04.2018